1+1 gleich 3 oder 3, 2, 1, meins?

Firmenübernahme erfolgt, und nun?

Der Merger ist verkündet und Worthülsen überall. Einsparungen werden schon eingeplant, bevor diese realisiert werden und Projekte sind ohne Einbeziehung derer die sie umsetzen müssen geplant, terminiert und budgetiert. Ein Erfolg ist per Default vorgegeben. Trotzdem erreichen nur geschätzte 80% der Merger ansatzweise den Erfolg, der eingeplant war. Warum? 

In folgender Art und Weise begegnen uns beinahe täglich Meldungen zu Mergern.

„Die Zusammenarbeit beginnt jetzt, dabei begegnen sich alle Mitarbeiter auf Augenhöhe und es werden gemeinsame Lösungen im Konsens gesucht. Dabei werden wir Chancen nutzen und nicht nur integrieren, sondern die Gelegenheiten zur Erneuerung wahrnehmen“

Leider sind diese Aussagen genauso pauschal wie falsch – zumindest wenn man sich im Detail damit auseinandersetzt. Sicherlich sind diese Statements im besten und guten Sinne getätigt. Aber die Motivation einen möglichst störungsfreien Merger hinzulegen darf nicht dazu führen an bestimmten, wenn auch vermeintlich unangenehmen, Stellen die Zielrichtungen aus den Augen zu verlieren.

Mit der Fusion beginnt erst der eigentliche Kraftakt

Die Schieflage findet ihren Ursprung in den o.a. Pressemeldungen und wird dann durch die ersten und schnellen Erfolgsmeldungen unterstrichen. Damit ist die Übernahme in trockenen Tüchern und die eigentliche Integration wird in die Linie delegiert, denn dort liegt ja schließlich die fachliche Expertise. Allerdings können sich die erwarteten Synergien auf diese Weise kaum entfalten, denn es bleibt beim Rosinenpicken, weil die Erfolge integrale Bestandteile der Jahresplanungen sind.

Integrationsmaßnahmen spielen sich in erster Linie vor dem Kostenhintergrund ab, die Zusammenlegung doppelter Funktionen wie z.B. Personal, Recht, Finanzen und Einkauf rückt als Erstes in den Vordergrund. Der Erfolg muss schnell Früchte tragen und Kostensenkung ist besser greifbar als längerfristig orientierte Maßnahmen.

Trotz allem Verständnis, dass diese Punkte richtig und vor allem auch wichtig sind, ist es aber leider eben auch ein wenig zu kurz gesprungen. In dem neuen – zusammengelegten – Unternehmen existieren dazu zwei Strömungen. Die eine wird gebildet aus den Personen, die sich mit dem „Merger“ schon seit Monaten, vielleicht Jahren, beschäftigt haben und die mit der Pressemeldung jetzt eigentlich „fertig“ sind. Der „Deal“ ist sozusagen durch.

Auf der anderen Seite stehen die Mitarbeiter des Unternehmens, welche die ganzen Versprechen aus dem Merger am Ende auch halten müssen. Die ganz banale Fragen der Zusammenarbeit beantworten müssen und die meist ziemlich alleine gelassen werden.

Die rein fachliche Umsetzung eines Mergers beinhaltet eine Vielzahl von speziellen Themen und Herangehensweisen. Die Fragestellungen und Umsetzungsansätze welche Detailfragen zu klären sind und in welchen Ausprägungen ein Merger durchgeführt werden kann, betrachten wir auf unserer Themen Seite zu „Merger & Acquistion“ (Link). Was bleibt ist noch die Frage „Was ist aber der entscheidende Wendepunkt, damit ein Merger zu einer Erfolgsstory wird?“

Strategie und Governance !

Und genau hier fängt die „Glatteiszone“ an. Mit der Aussage wir wollen eine gemeinsame Zukunft beschreiten und der beliebten Ausgangslage „ wir begegnen uns auf Augenhöhe“ was bedeutet wir arbeiten als Gleiche unter Gleichen, ist das Top Management häufig mit den Fragen zu Strategie und Governance fertig. Eine Ebene darunter werden dann die einzelnen Aufgaben delegiert und mit den Zielen „einigt Euch“ versehen. Spätestens in den dritten und vierten Berichtsebenen sind aber dann Entscheidungen gefordert, die ggf. die Arbeitsweise des ganzen Unternehmens beeinflussen könnten und eben aus genau diesem Grund an dieser Stelle nicht getroffen werden können.

Strategie!

Leider sehen wir häufig den Zustand, dass es zwei Strategien gibt. Es gibt die öffentliche, die eine gemeinsame Story erzählt, die keinem so richtig wehtut und die so offen formuliert ist, dass alle Möglichkeiten der Zukunft valide Szenarien sein können. Und dann gibt es die andere, die Kostensenkungsstory, die Outsourcing und Personalstory, die Story der Potenziale die jeder kennt, keiner ausspricht und irgendwie jeder davon ausgeht, dass dies schon so kommen wird. Die aber jedem Einzelnen auch den Raum zur Interpretation lässt. Interpretationen, die in jedem Meeting, jeder Mail, jedem Konzept wieder und wieder gegeneinander gehalten werden und damit einen enormen Zeitbedarf einnehmen und hochgradig unproduktiv sind.

Hier gilt es klare Vorgaben zu machen. Klare Ziele vorzugeben, auch wenn die im ersten Moment unangenehm erscheinen. Geben Sie die Vision des gemeinsamen Unternehmens und vor allem die Rahmenbedingungen vor.

Governance!

Bei einem Merger gibt es sicherlich Bereiche, über die man im Konsens zu gemeinsamen Lösungen kommen kann. Es gibt aber eine Vielzahl von Bereichen die Grundsatzentscheidungen benötigen.

Ein Beispiel: Wenn die Landesgesellschaft und Tochter eines internationalen Konzerns mit einer anderen nationalen Firma fusioniert, dann gibt es einfach Gegebenheiten, die klar sein sollten. Der internationale Konzern wird mit Sicherheit nicht sein Abrechnungs- und Bestellsystem verändern, weil seine Landesgesellschaft einen Zukauf gemacht hat. Damit ist klar, welche Prozesse und System in der Abrechnung überleben werden und was wohin „gemergt“ werden muss.

Legen Sie solche grundsätzlichen Rahmenbedingungen fest. Selbst wenn diese doch selbstverständlich erscheinen, zeigt die Erfahrung, dass gerade für solche „Grundsätzlichkeiten“ in den Abstimmungen am meisten Zeit verbraucht wird. Verhindern sie dadurch, dass „Fürstentümer“ verteidigt werden.

Die neue Unternehmenskultur muss entwickelt werden

Eine erfolgreiche Integration kann nicht ohne die Mitarbeiter stattfinden und setzt auch voraus, dass man sich menschlich auf Augenhöhe und mit Wertschätzung begegnet und in eine neue, gemeinsame Unternehmenskultur aufbricht. Eine echte oder auch nur so empfundene „Siegermentalität“ ist, trotz aller Governance Vorgaben, fehl am Platz und sollte unbedingt vermieden werden.

Warum sind nur wenige Fusionen wirklich erfolgreich? Der Schlüssel ist die Bereitschaft, eigene Sichtweisen infrage zu stellen und offen für Veränderungen auch auf der eigenen Seite des Tisches zu sein. Wenn die wichtigen Punkte beachtet werden (siehe „Merger & Acqusitions“) und die Integration mit Augenmaß aber konsequent angegangen wird, dann wird aus dem Merger durchaus eine Erfolgsstory, welche die geplanten Maßnahmen umgesetzt hat und die die Erwartungshaltungen hinsichtlich Sparmaßnahmen, Synergieeffekten und / oder Produktintegrationen auch erfüllt.

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